Der Erfolg im elektronischen Handel hängt wesentlich davon ab, in welchem Umfang Zahlungsstörungen (z. B. nicht rechtzeitig bezahlte Rechnungen, nicht eingelöste Lastschriften, Rückbelastungen von Kreditkartenzahlungen) zu verzeichnen sind. Wie Sie Zahlungsstörungen, so gut es geht, vermeiden können und wie mit Zahlungsstörungen umzugehen ist, wird in den folgenden Abschnitten dargestellt.
5. Keine Chance ohne Risikomanagement 5.1 Lug und Trug im Online-Handel 5.2 Vorbeugen ist besser als Heilen 5.2.2 Glaube(n) allein genügt nicht 5.3 Was passiert, wenns kracht |
5.1 Lug und Trug im Online-Handel – was da alles schiefgehen kann (nach oben)
Welchen Zahlungsrisiken Sie im Online-Handel ausgesetzt sind, hängt wesentlich von den angebotenen Zahlungsverfahren ab. Wird ausschließlich Zahlung per Vorkasse oder mit speziellen E-Payment-Verfahren akzeptiert, die eine Zahlungsgarantie bieten, so sind Sie als Händler vor Zahlungsstörungen geschützt. Welchen Risiken Sie bei einer Zahlung per Nachnahme, Rechnung, Lastschrift oder Kreditkarte ausgesetzt sind, wird im Folgenden erläutert.
In der Praxis ist häufig zu beobachten, dass Kunden auf andere Internet-Anbieter oder stationäre Geschäfte ausweichen, wenn sie nicht mit ihren bevorzugten Zahlungsverfahren per Rechnung, Kreditkarte oder Lastschrift bezahlen können (vgl. Kapitel 4). Werden diese Zahlungsverfahren angeboten, können daher unter Umständen mehr Bestellungen erzielt werden. Zu höheren Gewinnen führt die Ausweitung der Bestellungen aber nur, wenn die Bestellungen auch tatsächlich bezahlt werden. Wird eine Bestellung nicht, wie vereinbart, bezahlt, so spricht man von einer Zahlungsstörung. Nicht jede Zahlungsstörung führt zwangsläufig zu einem Zahlungsausfall, d. h. zur Notwendigkeit einer vollständigen oder teilweisen Abschreibung der Forderung. In jedem Fall treten jedoch zusätzliche Kosten für die Beitreibung der Forderung auf, z. B. für den Versand von Mahnschreiben oder die Vorfinanzierung der Forderung.
Um sich wirksam vor Zahlungsstörungen zu schützen, gilt es zunächst, die möglichen Ursachen für Zahlungsstörungen zu identifizieren. In den folgenden Abschnitten wird daher auf die unterschiedlichen Arten von Zahlungsstörungen bei Zahlungen per Nachnahme, Rechnung, Lastschrift und Kreditkarte und deren Ursachen näher eingegangen.
5.1.1 Nachnahme – ein unverhofftes Wiedersehen (nach oben)
Anbietern physischer Waren bietet die Nachnahme einen scheinbar sehr sicheren Zahlungsweg: Der Kunde erhält die Ware erst, nachdem er den Gegenwert an den Zusteller gezahlt hat. Probleme ergeben sich nur dann, wenn die Ware aufgrund einer falschen Lieferanschrift oder einer Nicht-Annahme durch den Empfänger nicht ausgeliefert werden kann und an den Absender zurückgeht. Wie Abbildung 5-1 zeigt, liegt die Retourenquote immerhin bei jedem fünften Unternehmen über 3 %. Allerdings gelingt es offensichtlich auch 41 % der Unternehmen, Rücksendungen bei Nachnahmesendungen nahezu vollständig zu vermeiden.
5.1.2 Rechnungskauf – Hoffen und Bangen (nach oben)
Im Gegensatz zur Zahlung per Nachnahme geht der Anbieter beim Rechnungskauf in Vorleistung. Zuerst wird die Leistung erbracht und dann durch den Kunden bezahlt. Zusätzlich zum Risiko einer Retoure kann beim Rechnungskauf daher der Fall eintreten, dass die Leistung zwar ordnungsgemäß erbracht, die Rechnung aber verspätet oder überhaupt nicht bezahlt wird. Wie Abbildung 5-2 zeigt, ist dies bei einem Viertel der Unternehmen bei mehr als jeder zwanzigsten Rechnung der Fall. Auch für nicht rechtzeitig bezahlte Rechnungen kann es unterschiedliche Ursachen geben:
Falsche Rechnungsanschrift
Analog zur Verwendung einer fehlerhaften Lieferanschrift (vgl. den vorhergehenden Abschnitt zu möglichen Problemen bei Zahlungen per Nachnahme) könnte auch die Rechnungsanschrift versehentlich oder vorsätzlich falsch eingegeben worden sein, sodass die Rechnung nicht zustellbar ist. Sie müssen in diesem Fall die richtige Rechnungsanschrift nachträglich ermitteln, sofern Sie dies überhaupt können (z. B., wenn kostenpflichtige Downloads per Rechnung bezahlt werden und keine weiteren Daten über den Kunden vorliegen).
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Rechnungsempfänger ist nicht eindeutig ermittelbar
Bei der Erhebung der Rechnungsadresse ist zudem darauf zu achten, dass der Leistungsempfänger eindeutig identifiziert werden kann. So ist bei der Angabe „Mode Meier, Regerstr. 14, 80539 München“ nicht klar, ob es sich hierbei um die „Herbert Meier Textilgroßhandel GmbH“ oder das unter der gleichen Anschrift ansässige Damenmodengeschäft seiner Frau handelt, die als eingetragene Kauffrau firmiert. Das Gleiche gilt für natürliche Personen, da durchaus mehrere H. Meier unter der gleichen Anschrift wohnen können. Mithilfe einer Adressverifizierung lassen sich solche Probleme frühzeitig erkennen (vgl. Abschnitt 5.2). Nur, wenn Sie eindeutig bestimmen können, gegen wen sich Ihre Forderung richtet, können Sie diese auch durchsetzen. Berechtigte Reklamation der RechnungDie Zahlung wird vom Kunden verweigert, da z. B. falsche oder fehlerhafte Waren geliefert wurden oder die Rechnung selbst Fehler aufweist. Je später solche Reklamationen geklärt werden, desto mehr verzögert sich auch der Zahlungseingang auf dem Konto des Händlers. |
Vergesslichkeit
Der Kunde hat schlicht vergessen, die Rechnung zu bezahlen. Durch eine freundliche Zahlungserinnerung lässt sich dieses Problem in der Regel leicht aus der Welt schaffen, ohne dass die Kundenbeziehung darunter leidet.
Bewusstes Hinauszögern der Zahlung
Beim Rechnungskauf werden Sie mehr oder weniger freiwillig zum Kreditgeber Ihres Kunden. Da dieser Kredit üblicherweise kostenlos vergeben wird, zögern viele Kunden die Zahlung bewusst hinaus, um Kosten für teure Bankkredite zu sparen. Für Sie als Händler ist die Kreditvergabe jedoch keinesfalls kostenlos! Häufig müssen die finanziellen Mittel zur Vorfinanzierung der Forderung teuer per Kredit finanziert werden, bestenfalls entgehen Ihnen die Zinsen, die Sie für eine Anlage der Mittel erhalten würden.
Liquiditätsprobleme
Noch kritischer für den Händler ist es, wenn der Kunde aufgrund von Liquiditätsproblemen nicht sofort bzw. nicht vollständig zahlen kann. Nicht jeder Liquiditätsengpass führt gleich zur Insolvenz, allerdings muss diesen Kunden erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet werden, um einen endgültigen Ausfall der Forderung zu verhindern (vgl. Abschnitt 5.3).
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Betrug Durch Prüfungen vor Erbringung der Leistung, durch beweiskräftige Dokumentation der Leistungserbringung und ein differenziertes Forderungsmanagement lässt sich der Anteil der Zahlungsstörungen und Zahlungsausfälle reduzieren. Auf die entsprechenden Maßnahmen wird in den Abschnitten 5.2 und 5.3 näher eingegangen. |
5.1.3 Lastschrift – wenn der Schein trügt (nach oben)
Die Zahlung per Lastschrift hat gegenüber dem Rechnungskauf den Vorteil, dass der Händler den Zahlungseinzug selbst anstoßen kann und nicht abwarten muss, bis der Kunde die offene Forderung begleicht. Auch bei der Lastschrift können jedoch unterschiedliche Probleme auftreten, die einen erfolgreichen Einzug der Zahlung verhindern. Wie Abbildung 5-4 zeigt, treten nur bei gut einem Viertel der befragten Unternehmen keine Zahlungsstörungen bei Lastschriftzahlungen auf.
Mögliche Gründe für Zahlungsstörungen bei Lastschriftzahlungen sind:
Kontodaten sind ungültig
Um Lastschriften einziehen zu können, müssen die richtigen Kontodaten des Kunden bekannt sein. Vertippt sich der Kunde oder werden bewusst frei erfundene Kontodaten angegeben, schlägt der Einzug der Lastschrift fehl.
Konto des Kunden ist nicht gedeckt
Eine weitere Voraussetzung für den Einzug von Lastschriften ist, dass das Konto des Kunden nicht für Lastschriften gesperrt ist und die erforderliche Deckung (durch Guthaben oder einen entsprechenden Überziehungsrahmen) aufweist. Ist dies nicht der Fall, bucht die Bank des Kunden die Zahlung zuzüglich Rückgabegebühren (3 Euro) innerhalb von zwei bis drei Bankarbeitstagen wieder zurück.
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Zu den Rückgabegebühren kommen die Kosten hinzu, die Ihre eigene Bank für die Lastschriftrückgabe berechnet. Berechtigte Reklamation der Abbuchung Auch wenn das Konto des Kunden die erforderliche Deckung aufweist, können Lastschriften in der Regel innerhalb von sechs Wochen nach Abbuchung vom Kunden zurückgegeben werden. In einigen Fällen kann der Widerspruch durchaus berechtigt sein, z. B., wenn Umsätze versehentlich doppelt abgebucht oder wenn keine bzw. falsche Waren geliefert wurden. Aufgrund der nicht unerheblichen Rückgabegebühren bei Lastschriften sollte in diesen Fällen versucht werden, Gutschriften in Form von Überweisungen an den Kunden zu erteilen. Ein Widerspruch des Kunden kann auch darauf zurückzuführen sein, dass die Abbuchung auf seinem Kontoauszug keinem Einkauf zugeordnet werden kann. Bei der Nutzung von Payment Service Providern (vgl. Abschnitt 4.2) wird beispielsweise häufig dieser als Zahlungsempfänger auf dem Kontoauszug aufgeführt und nicht der Name des Shops, den der Kunde besucht hat. |
Unberechtigte Rückgabe
Auch ohne berechtigte Gründe können Lastschriften in der Regel innerhalb von sechs Wochen nach Abbuchung ohne weitere Begründung des Kunden zurückgegeben werden. Die Bank des Kunden ist nicht verpflichtet, den Grund für die Lastschriftrückgabe zu prüfen. Der Händler kann sich gegen eine Rückbuchung daher auch dann nicht zur Wehr setzen, wenn er gegenüber dem Kunden im Recht ist, sondern muss die Forderung anschließend auf anderem Wege geltend machen.
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Betrug Schließlich haben Betrüger auch die Möglichkeit, mit den Kontodaten von Dritten im Internet einzukaufen. Die unberechtigte Abbuchung wird von den Kontoinhabern unter Umständen erst nach mehreren Wochen bemerkt und zurückgegeben. Kann eine Lastschrift nicht eingelöst werden, muss die Forderung gegebenenfalls auf anderem Wege geltend gemacht werden. Damit dies gelingen kann, müssen die gleichen Voraussetzungen wie bei der Zahlung per Rechnung (z. B. richtige Anschrift, Eindeutigkeit des Leistungsempfängers, beweiskräftige Dokumentation der Leistungserbringung) erfüllt sein. 5.1.4 Kreditkarte – was heißt hier „Chargeback“? (nach oben)Kreditkartenzahlungen sind für den Händler in der Regel mit höheren Gebühren verbunden als Zahlungen per Lastschrift (vgl. Kapitel 4). Demgegenüber hat der Händler jedoch erweiterte Möglichkeiten der Vorabprüfung (Autorisierung) von Zahlungen, sodass Zahlungsstörungen früher erkannt werden können (vgl. Infobox 5-1). Zudem kann der Kunde Abbuchungen nicht ohne Angabe von Gründen zurückgeben. Der Händler hat dadurch im Vergleich zur Lastschrift bessere Möglichkeiten, sich gegen unberechtigte Rückgaben zur Wehr zu setzen. |
Autorisierung von Kreditkartenzahlungen |
Infobox 5-1: Autorisierung von Kreditkartenzahlungen Quelle: ibi research (E-Commerce-Leitfaden 2009) |
Wie Abbildung 5-6 zeigt, hat fast die Hälfte der Unternehmen, die Kreditkarten akzeptieren, daher auch nahezu keine Probleme mit Zahlungsstörungen. Bei den Unternehmen, die Zahlungen per Lastschrift akzeptieren, ist dagegen nur gut ein Viertel der Unternehmen nicht von Zahlungsstörungen betroffen (vgl. Abbildung 5-4). Auf die möglichen Probleme, die dennoch bei Kreditkartenzahlungen auftreten können, wird im Folgenden näher eingegangen: Falsche Kreditkartendaten Ebenso wie bei der Lastschrift birgt die Erhebung der Kreditkartennummer über ein Online-Formular das Risiko, dass sich der Kunde vertippt, oder dass bewusst frei erfundene Kreditkartennummern angegeben werden. Im Gegensatz zur Lastschriftzahlung wird dies jedoch spätestens bei der Autorisierung der Kreditkartenzahlung erkannt, da die Transaktion vom Kreditkartenherausgeber abgelehnt wird. |
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Betrag kann nicht abgebucht werden
Bei der Autorisierung der Zahlung wird ebenfalls geprüft, ob die Karte noch gültig ist, ob Kartensperren vorliegen und ob der Verfügungsrahmen der Karte für die Zahlung noch ausreicht. Ist dies nicht der Fall, wird die Transaktion ebenfalls abgelehnt.
Berechtigte Reklamation der Abbuchung
Ebenso wie bei der Lastschrift kann der Kunde die Abbuchung zurückgeben. Man spricht in diesem Fall bei Kreditkartenzahlungen von einem Chargeback. Der Karteninhaber muss bei Chargebacks einen der in Infobox 5-8 aufgeführten Chargeback-Gründe angeben. Für den Händler bedeuten Chargebacks nicht nur zusätzliche Kosten, die von der Händlerbank für den Bearbeitungsaufwand verrechnet werden. Überschreitet der Anteil der Chargebacks an allen Transaktionen eine Obergrenze von ca. 2 %, droht zusätzlich der Verlust des Kreditkartenakzeptanzvertrags. Auf berechtigte Reklamationen sollte daher möglichst schnell mit einer Gutschrift auf das Kreditkartenkonto des Kunden (so genannter Refund) reagiert werden, solange noch kein Chargeback oder eine Beleganforderung (vgl. Abschnitt 5.2) durch den Kunden vorliegt.
Kunde kann Abbuchung nicht zuordnen
Analog zur Lastschrift kann das Problem auftreten, dass der Name des Shops nicht auf der Kreditkartenabrechnung genannt wird. Kann der Kunde die Zahlung keinem Einkauf zuordnen, hat er die Möglichkeit, die Zahlung zurückzugeben oder ergänzende Informationen anzufordern (vgl. Abschnitt 5.2).
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Betrug Grundsätzlich haben Betrüger auch bei der Zahlung per Kreditkarte die Möglichkeit, die Kreditkartendaten von Dritten für den Einkauf im Internet zu verwenden. In der Regel ist der Einkauf mit gestohlenen Kreditkartendaten sogar einfacher als im stationären Handel, da im Internet keine Prüfung der Unterschrift möglich ist. Die erfolgreiche Autorisierung einer Kreditkartenzahlung bedeutet daher nicht, dass der Besteller auch der berechtigte Karteninhaber ist. Stellt der richtige Karteninhaber anhand der Kreditkartenabrechnung fest, dass seine Kreditkartendaten von Betrügern missbraucht wurden, kann er die Abbuchung in der Regel zurückgeben, und Sie als Händler müssen versuchen, die Forderungen anderweitig geltend zu machen. Mit MasterCard SecureCode und Verified by Visa wurden jedoch Verfahren entwickelt, mit denen sich Händler gegen Chargebacks aufgrund missbräuchlich verwendeter Kreditkartendaten schützen können (vgl. hierzu das Interview mit Nicole Mantow, ConCardis, in Abschnitt 5.2). |
Die Autorisierung der Zahlung und der Einsatz von MasterCard SecureCode bzw. Verified by Visa bieten die Möglichkeit, Ursachen für Zahlungsstörungen bei Kreditkartenzahlungen bereits unmittelbar nach Eingabe zu erkennen und dem Kunden die Möglichkeit zur Korrektur seiner Angaben bzw. zur Auswahl anderer Zahlungsverfahren zu geben. Auf diese erweiterten Möglichkeiten bei Kreditkartenzahlungen wird in Abschnitt 5.2 näher eingegangen.
5.2 Vorbeugen ist besser als Heilen – Maßnahmen zur Vermeidung von Zahlungsstörungen (nach oben)
Wie im vorhergehenden Abschnitt deutlich wurde, lassen sich unterschiedliche Ursachen für Zahlungsstörungen feststellen. Einerseits können Zahlungsstörungen auf unbeabsichtigte Fehler oder berechtigte Reklamationen des Kunden zurückzuführen sein. Andererseits kann es sich aber auch um zahlungsunwillige oder zahlungsunfähige Kunden bzw. sogar um Betrüger handeln. In diesen Fällen ist ein Ausfall der Forderung häufig nicht mehr zu vermeiden, d. h. die Forderung gegen den Kunden muss abgeschrieben werden. Wie hoch die Anteile der Zahlungsausfälle bei den Zahlungsverfahren Rechnung, Lastschrift und Kreditkarte bei den befragten Unternehmen in etwa sind, zeigt Abbildung 5-8.
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Aufgrund der hohen Kosten, die Zahlungsstörungen und Zahlungsausfälle nach sich ziehen, sollten diese im Idealfall von vornherein ausgeschlossen werden. Welche Möglichkeiten im elektronischen Handel dafür zur Verfügung stehen, wird in den folgenden Abschnitten behandelt. Zunächst wird darauf eingegangen, wie das Auftreten von Fehlern und Reklamationen des Kunden auf das geringstmögliche Maß reduziert werden kann. Daraufhin werden sowohl allgemeine Vorsichtsmaßnahmen, um sich gegen zahlungsunwillige bzw. zahlungsunfähige Kunden und gegen Betrüger zu schützen, als auch Möglichkeiten zur Prüfung der Identität und Bonität der Kunden vorgestellt. Diese Maßnahmen werden zusammenfassend als „Risikomanagement“ bezeichnet. Abschließend werden Dienstleistungen von externen Anbietern beschrieben, die Sie bei der Reduktion von Zahlungsstörungen im elektronischen Handel unterstützen können. |
5.2.1 Auf Anhieb zur Zahlung – vermeiden Sie Fehler und Reklamationen (nach oben)
Auch bei eigentlich zahlungswilligen Kunden kann es aufgrund von unbeabsichtigten Fehlern oder von Missverständnissen zu Zahlungsstörungen kommen. Um dies zu vermeiden, sollten Händler die auf den folgenden Seiten aufgeführten Maßnahmen ergreifen.
Risiken der Zahlungsabwicklung im Internet – Bedeutung, Gegenmaßnahmen und zukünftige Herausforderungen Ernst Stahl, Markus Breitschaft, Thomas Krabichler, Georg Wittmann: |
Infobox 5-2: Hinweis Studie „Risiken der Zahlungsabwicklung im Internet“ |
Achten Sie auf vollständige und eindeutige Beschreibungen im Web-Shop
Im elektronischen Handel fällt der Kunde seine Kaufentscheidung in der Regel ausschließlich anhand der Informationen, die im Web-Shop dargestellt sind. Achten Sie daher darauf, dass Ihre Produkte und Dienstleistungen möglichst eindeutig und unmissverständlich beschrieben sind, um Reklamationen und Retouren zu vermeiden. Hierzu gehört auch die Anzeige der Währung bei Preisangaben sowie die Beschreibung der Lieferpolitik (in welche geografischen Regionen zu welchen Kosten bzw. überhaupt nicht geliefert wird) und der Rücknahmebedingungen von Waren.
Protokollieren Sie Zeitpunkt und Herkunft der Bestellung
Sowohl für die Vermeidung von Fehlern als auch für die Klärung von Missverständnissen und Reklamationen empfiehlt es sich, Datum, Zeitpunkt und IP-Adresse des Bestellers zu protokollieren. Gehen beispielsweise von einer IP-Adresse innerhalb weniger Sekunden zwei identische Bestellungen ein, liegt möglicherweise ein Versehen des Kunden vor, was sich durch eine kurze Rückfrage leicht klären lässt. Anhand der IP-Adresse kann eventuell herausgefunden werden, von welchem PC die Bestellung initiiert wurde. Allerdings ist die eindeutige Identifizierung von Rechnern bzw. der Nutzer des Rechners nicht immer möglich. Achten Sie bei der Protokollierung von Daten auch darauf, nicht gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen zu verstoßen. (vgl. das Interview mit Stefan Schicker in Abschnitt 2.3).
Prüfen Sie die angegebene Kreditkarten- oder Kontonummer auf Plausibilität
Um unnötige kostenpflichtige Autorisierungen von Kreditkartenzahlungen zu vermeiden, sollte zunächst anhand des Ablaufdatums der Karte geprüft werden, ob die Karte noch gültig ist. Bei Kreditkarten kann zudem geprüft werden, ob die erste Ziffer der Kreditkartennummer zur angegebenen Kreditkartenorganisation (z. B. MasterCard oder Visa) passt. Schließlich enthalten Kreditkartennummern und Kontonummern auch eine Kontrollziffer, die sich aus den übrigen Ziffern errechnet. Mithilfe automatisierter Prüfroutinen, die direkt in den Web-Shop eingebunden oder durch externe Dienstleister ausgeführt werden, lässt sich feststellen, ob die Kontrollziffer zu den übrigen Ziffern der Kreditkarten- oder Kontonummer passt. Eine richtige Kontrollziffer bedeutet allerdings nicht, dass die Kreditkarte tatsächlich herausgegeben wurde oder das Konto tatsächlich existiert.
Plausibilitätsprüfung von Kreditkartendaten |
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Bevor Sie eine kostenpflichtige Autorisierung durchführen, können Sie die Plausibilität der angegebenen Kreditkartendaten anhand der folgenden drei Fragen selbst prüfen:
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Erste Ziffer
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Kreditkartenunternehmen
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5
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MasterCard
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4
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Visa
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3
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American Express oder Diners Club
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Infobox 5-3: Plausibilitätsprüfung von Kreditkartendaten Quelle: ibi research (E-Commerce-Leitfaden 2009) |
Prüfen Sie die Vollständigkeit und Plausibilität von Adressdaten
Auch bei der Eingabe von Adressdaten können Fehler auftreten. Wurde beispielsweise vergessen, die Postleitzahl anzugeben? Oder hat der Kunde im Straße-Feld seine Telefonnummer eingetragen? Diese Fälle sollten soweit wie möglich durch automatisierte Prüfungen und aussagekräftige Fehlermeldungen ausgeschlossen werden. Der Kunde kann dann seine Angaben korrigieren, solange er sich noch im Web-Shop befindet. Mithilfe von Zusatzsoftware lässt sich sogar automatisiert feststellen, ob der Straßenname richtig geschrieben ist oder die angegebene Postleitzahl zu Wohnort und Straße und die gewählte Anrede (Herr / Frau) zum angegebenen Vornamen passt. Auch eine Prüfung, ob der Name an der angegebenen Adresse postalisch bekannt ist, ist mit Hilfe externer Dienstleister möglich (vgl. hierzu Checkliste 5-2).
Versenden Sie Statusinformationen an den Kunden
Nicht nur Sie als Händler, auch die Kunden verspüren beim Einkauf im Internet oft ein Gefühl der Unsicherheit und geben daher aus ihrer Sicht möglicherweise unberechtigte Abbuchungen eventuell vorschnell zurück. Durch den Versand von Statusinformationen, beispielsweise Auftrags- und Versandbestätigungen oder Hinweise auf bevorstehende Abbuchungen bei Mitgliedschaften oder Abonnements, erleichtern Sie Ihren Kunden die Zuordnung der Abbuchung. Die Zusendung von Auftragsbestätigungen ermöglicht es zudem, fehlerhaft erfasste Daten bereits vor Zusendung einer Rechnung oder Abbuchung vom Kundenkonto zu erkennen. Achten Sie jedoch darauf, dass Sie durch Statusinformationen keine neuen Angriffsmöglichkeiten für Betrüger schaffen (vgl. den Abschnitt „Glaube(n) allein genügt nicht“). So dürfen nie alle Stellen von Konto- und Kreditkartennummern übermittelt werden, um das Abfangen der vollständigen Daten durch Dritte zu verhindern.
Reichen Sie Kreditkartenumsätze und Lastschriften nach Leistungserbringung zeitnah ein
Bei Kreditkartenzahlungen riskiert der Händler ein Chargeback, wenn der Umsatz später als nach 30 Tagen beim kartenherausgebenden Institut vorgelegt wird (vgl. Reason Codes Nr. 42 bzw. 74 in Infobox 5-8). Um Chargebacks zu vermeiden, sollte der Umsatz daher immer taggleich online autorisiert und verbucht werden, sofern die bestellte Ware verfügbar ist. Aber auch bei Lastschriften steigt bei einer zu späten Einreichung das Risiko einer Rücklastschrift, da sich der Kunde eventuell nicht mehr an den Kauf erinnern kann. Wird der Umsatz andererseits bereits beim Kunden abgebucht, ohne dass die Ware geliefert oder eine anderweitige Leistung erbracht wurde, kann dies ebenfalls zu einer Irritation des Kunden und in Folge zu einer Rückbelastung führen.
Übermitteln Sie aussagekräftige Angaben für die Kreditkartenabrechnung / den Kontoauszug
Prüfen Sie, welche Daten auf der Kreditkartenabrechnung bzw. dem Kontoauszug der Kunden stehen, wenn diese per Kreditkarte oder Lastschrift in Ihrem Shop eingekauft haben. Können die Kunden die Abbuchung Ihrem Shop zuordnen, z. B., indem die Domain Ihres Shops auf der Kreditkartenabrechnung oder dem Kontoauszug aufgeführt wird? Ist dies bei Kreditkartenzahlungen nicht der Fall, sprechen Sie Ihre Händlerbank bzw. Ihren Payment Service Provider darauf an.
Seien Sie auf Rückfragen vorbereitet
Stellen Sie sicher, dass Sie bei Rückfragen des Kunden oder bei einer Beleganforderung (Retrieval Request bzw. Copy Request) zu jeder Abbuchung genau angeben können, wofür diese erfolgt ist. Mit einer Beleganforderung können Kreditkarteninhaber ergänzende Informationen oder Belege (z. B. Leistungsbelege, Bestellunterlagen) zu einer Belastung ihrer Kreditkarte anfordern. Um Rückbelastungen (Chargebacks) zu vermeiden, müssen auf einen solchen Retrieval Request hin die folgenden Daten innerhalb kurzer Zeit zur Verfügung gestellt werden können: Datum des Einkaufs und gegebenenfalls des Versands der Ware, Versandnachweis, Beschreibung der gelieferten Waren oder erbrachten Dienstleistungen, Betrag, Autorisierungscode, sonstige Antwortcodes (z. B. auf die Abfrage der Kartenprüfnummer, die Adressprüfung oder des 3-D-Secure-Kennworts; vgl. hierzu das Interview mit Nicole Mantow, ConCardis), Kreditkartennummer des Kunden, Ablaufdatum der Karte, Name des Karteninhabers, Rechnungs- und Lieferadresse sowie gegebenenfalls zusätzlich vorhandener Schriftverkehr. In Einzelfällen kann auch das so genannte MPI.log (Merchant PlugIn.log) angefordert werden, das Ihnen von Ihrem Payment Service Provider zur Verfügung gestellt wird.
Achten Sie auf richtige Rechnungsstellung
Will Ihr Kunde die an Sie gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen, so muss die Rechnung zwingend bestimmte Angaben enthalten (vgl. Checkliste 5-1). Fehlen diese Angaben, kann die Rechnung zurückgewiesen werden.
Wickeln Sie Rücksendungen, Reklamationen oder Kündigungen schnell und transparent ab
Achten Sie darauf, dass Abbuchungen im Fall von Rücksendungen, Reklamationen oder Kündigungen des Kunden rechtzeitig gestoppt werden. Ist dies nicht möglich, weisen Sie Ihre Kunden ausdrücklich darauf hin, dass kurzfristig eine Gutschrift erfolgen wird. Halten Sie dieses Versprechen auch ein, um Rücklastschriften oder Chargebacks durch verärgerte Kunden möglichst zu vermeiden.
Bieten Sie eine Hotline für Rückfragen an
Durch ein persönliches Gespräch mit dem Kunden können Missverständnisse häufig leicht geklärt und teure Rücksendungen von Waren oder Rückbelastungen von Lastschrift- und Kreditkartenzahlungen damit vermieden werden. Besonders wirkungsvoll ist diese Maßnahme, wenn die Hotline-Nummer auch mit den Umsatzdaten auf dem Kontoauszug bzw. der Kreditkartenabrechnung aufgedruckt wird, sodass sich der Kunde bei Unklarheiten in Bezug auf eine Abbuchung an Sie wenden kann.
5.2.2 Glaube(n) allein genügt nicht – führen Sie Risikoprüfungen durch (nach oben)
Die im vorhergehenden Abschnitt erläuterten Maßnahmen können dazu beitragen, dass der Anteil der Zahlungsstörungen bei gutwilligen Kunden deutlich zurückgeht. Sie bieten allein jedoch noch keinen ausreichenden Schutz vor zahlungsunwilligen oder zahlungsunfähigen bzw. betrügerischen Kunden.
Zahlungsunwillige Kunden wollen sich durch das Hinauszögern von Zahlungen auf Ihre Kosten Liquiditätsspielräume verschaffen oder hoffen sogar darauf, dass die Forderung nicht konsequent genug eingefordert wird und eines Tages verjährt (vgl. Abschnitt 5.3).
Häufig ist die Zahlungsunwilligkeit auf bereits stark eingeschränkte Liquiditätsspielräume zurückzuführen, sodass nicht selten auf absehbare Zeit die Zahlungsunfähigkeit (Insolvenz) eintritt. Die Insolvenz führt häufig dazu, dass Ihre Forderung fast vollständig abgeschrieben werden muss. Geht der Kunde trotz Zahlungsunfähigkeit finanzielle Verpflichtungen ein (z. B. durch eine Bestellung), so handelt es sich um Betrug (vgl. Abschnitt 5.3). Der Kunde kann dann zwar strafrechtlich verurteilt werden, dies bedeutet aber noch nicht, dass Ihre Forderung anschließend beglichen wird.
Eine andere Form des Betrugs liegt vor, wenn durch Vorspiegelung einer falschen Identität versucht wird, Geld oder Waren zu unterschlagen. Zwei Beispiele dafür, mit welchen Methoden professionelle Betrüger bei Internet-Bestellungen arbeiten, sind in Infobox 5-4 dargestellt.
Checkliste: Erforderliche Angaben in Rechnungen
Bei Rechnungen bis zu einem Gesamtbetrag von 150 Euro gelten geringere Anforderungen, die in § 33 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung geregelt sind. |
Checkliste 5-1: Erforderliche Angaben in Rechnungen Quelle: § 14 Absatz 4 des Umsatzsteuergesetzes |
Beispiele für Betrügermethoden im Internet
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Infobox 5-4: Betrügermethoden im Internet (Beispiele) Quelle: ibi research (E-Commerce-Leitfaden 2009) |
Insbesondere, wenn es zu Zahlungsausfällen kommt, entstehen für Sie als Händler hohe Kosten. Es lohnt sich daher, Bestellungen genau zu prüfen und im Zweifelsfall lieber auf eine Zahlung per Vorkasse zu bestehen. Eine Rückbelastung sowie der gegebenenfalls zusätzliche Verlust der Ware können Sie härter treffen als der möglicherweise entgehende Gewinn. Welche Möglichkeiten Ihnen zur Verfügung stehen, um sich gegen bonitätsschwache Kunden oder Betrüger zu schützen, wird im Folgenden vorgestellt.
Erheben Sie vollständige Kundendaten
Die Qualität der Kundendaten wird häufig erst dann zum Thema, wenn bereits Zahlungsstörungen aufgetreten sind. So etwa, wenn Mahnungen mit dem Vermerk „Unbekannt verzogen“ zurückkommen oder im Streitfall nicht mehr feststellbar ist, um welchen der beiden Herbert Meier, die unter der gleichen Anschrift wohnen, es sich bei dem Kunden gehandelt hat. In diesen Fällen zahlt es sich aus, wenn der Kunde über sein Geburtsdatum oder zusätzliche Kontaktdaten (z. B. Festnetz-/ Mobiltelefonnummer, E-Mail-Adresse) identifiziert bzw. sogar kontaktiert werden kann. Auch frühere Wohn- bzw. Firmensitze können helfen, einen unbekannt verzogenen Kunden zu ermitteln und sollten daher bei Adressänderungen nicht gelöscht werden. Erklären Sie Ihren Kunden, welche Daten für welchen Zweck erfasst und gespeichert werden und bieten Sie gegebenenfalls zusätzliche Anreize zur Angabe der Daten (z. B. einen Newsletter mit Informationen über Sonderangebote oder die Zusendung eines Gutscheincodes als Geburtstagsgeschenk).
Verifizieren Sie die angegebenen Kundendaten
Auch die umfangreichsten Angaben der Kunden nützen nichts, wenn sie falsch sind. Gerade zahlungsunwillige Kunden oder Betrüger werden jedoch versuchen, falsche Daten anzugeben, um ihre wahre Identität zu verschleiern. Die vorgestellten Plausibilitätsprüfungen sind in diesem Fall wenig hilfreich, da es sich nicht um offensichtlich falsche Angaben handelt und die angegebene Adresse bzw. die angegebene Kreditkarten- oder Kontonummer unter Umständen sogar tatsächlich existiert. Um festzustellen, ob die angegebenen Daten tatsächlich zum Auftraggeber der Bestellung gehören, können Sie entweder selbst versuchen, die Daten zu verifizieren, oder auf Angebote externer Dienstleister zurückgreifen (vgl. Checkliste 5-2).
Checkliste: Möglichkeiten zur Verifizierung von Kundendaten | ||
Die folgende Übersicht zeigt Ihnen, welche Daten Sie wie überprüfen können. Beispielsweise kann einen Anschrift einerseits durch Sie selbst oder durch den Versand einer Auftragsbestätigung mit einem Verifizierungscode geprüft werden, andererseits kann die Anschrift jedoch auch mit bestehenden Daten von Zustelldiensten abgeglichen werden. | ||
Kontaktdaten | Möglichkeiten zur Verifizierung durch Sie selbst | Möglichkeiten zur Verifizierung mithilfe externer Dienstleister |
Anschrift |
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Festnetznummer |
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Handynummer |
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E-Mail-Adresse |
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Zahlungsdaten | Möglichkeiten zur Verifizierung durch Sie selbst | Möglichkeiten zur Verifizierung mithilfe externer Dienstleister |
Kontonummer |
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Kreditkartennummer |
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Erläuterungen: | ||
Versand einer Auftragsbestätigung: Durch den Versand einer Auftragsbestätigung per Brief, E-Mail oder SMS können Sie prüfen, ob der Kunde tatsächlich unter den angegebenen Kontaktdaten erreichbar ist. Existieren die angegebenen Kontaktdaten nicht oder wurden die Kontaktdaten Dritter von Betrügern missbraucht, so ist zu erwarten, dass die Auftragsbestätigung entweder nicht zugestellt werden kann oder der Empfänger der Auftragsbestätigung sich mit Ihnen in Verbindung setzt. Versand eines Verifizierungscodes: Um ganz sicher zu gehen, können Sie in die Auftragsbestätigung einen Verifizierungscode aufnehmen. Diesen muss der Empfänger auf Ihrer Web-Seite eingeben, um zu bestätigen, dass er den Brief, die E-Mail oder die SMS erhalten hat. Anforderung einer Ausweiskopie: Die Anforderung einer Ausweiskopie ist beispielsweise zu empfehlen, wenn bei Bestellungseingang bereits Hinweise auf einen Betrugsfall vorliegen (sofern nicht ganz auf eine Leistung verzichtet wird; (vgl. Checkliste 5-3). Abgleich mit Daten von Zustelldiensten, Telefonbuchdaten, Daten von Auskunfteien / Anbietern von Wirtschaftsinformationen: Durch einen Abgleich der angegebenen Anschrift, Telefonnummer und / oder Kontonummer mit Daten externer Dienstleister können Sie prüfen, ob diese Daten bereits bekannt sind. Address Verification Service: Abgleich mit der Anschrift, die beim kreditkartenherausgebenden Institut hinterlegt ist (vgl. das Interview mit Nicole Mantow, ConCardis). Postident-Verfahren: Beim Postident-Verfahren werden Ihre Kunden durch Mitarbeiter der Deutschen Post AG durch Vorlage des Personalausweises oder Reisepasses persönlich identifiziert. Dieses relativ aufwendige Verfahren wird vor allem von Banken genutzt, um die Auflagen des Geldwäschegesetzes zu erfüllen. Mikro-Belastung / Mikro-Gutschrift: Durch eine Belastung oder eine Gutschrift eines kleinen Cent-Betrags können Sie feststellen, ob das Konto oder die Karte tatsächlich existiert und gegebenenfalls der angegebene Name zu dem Konto bzw. der Karte gehört. Wenn Sie gleichzeitig einen Verifizierungscode übermitteln (siehe oben), können Sie zudem feststellen, ob Ihr Kunde tatsächlich Zugriff auf das angegebene Bank- oder Kreditkartenkonto hat. MasterCard SecureCode / Verified by Visa: Abfrage eines geheimen Kennworts, das der Kreditkarteninhaber mit dem kartenherausgebenden Institut vereinbart hat (vgl. das Interview mit Nicole Mantow, ConCardis). |
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Checkliste 5-2: Möglichkeiten zur Verifizierung von Kundendaten Quelle: ibi research (E-Commerce-Leitfaden 2009) |
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Kreditkartenbetrüger im Internet - so können Sie sich schützen Interview mit Nicole Mantow (ConCardis) |
Autorisieren Sie Kreditkartenzahlungen vor Lieferung
Bei Kreditkartenzahlungen im Internet muss gemäß Vorgaben der Kreditkartenorganisationen immer eine Autorisierung durchgeführt werden. Bei Teillieferungen ist für jede Lieferung eine eigene Autorisierung in Höhe des jeweiligen Warenwerts erforderlich.
Vereinbaren Sie einen verlängerten Eigentumsvorbehalt in den AGB
Bei physischen Waren geht das Eigentum in aller Regel bereits mit der Übergabe der Ware auf den Kunden über. Dies bedeutet für Sie als Händler, dass im Falle einer Zahlungsstörung (z. B. bei Insolvenz des Kunden) kein Anspruch auf Herausgabe der Ware besteht. Um dies zu vermeiden, wird in die AGB häufig ein verlängerter Eigentumsvorbehalt aufgenommen, wodurch die Ware bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises Eigentum des Händlers bleibt. Kommt der Kunde seiner Zahlungsverpflichtung nicht nach, kann der Händler vom Kaufvertrag zurücktreten und die Herausgabe der Ware sowie gegebenenfalls Ersatz für den entstandenen Schaden verlangen.
Sichern Sie sich gegen Versandrisiken ab
Bei Verkäufen an Privatkunden tragen Sie das Risiko, dass Waren auf dem Weg zum Kunden beschädigt werden oder gar verloren gehen. Behauptet der Kunde daher, dass er die Ware nicht erhalten hat, kann er die Zahlung verweigern. In diesem Fall sollten Sie einen Nachforschungsantrag bei Ihrem Zustelldienst stellen. Entweder kann dieser nachweisen, dass die Ware zugestellt wurde, oder Sie erhalten bei versichertem Versand eine Ersatzleistung. Achten Sie daher bei der Auswahl der Versandart darauf, bis zu welcher Höhe die Sendung gegen Beschädigungen und Verlust versichert ist, und bewahren Sie Versandnachweise sorgfältig auf.
Prüfen Sie regelmäßig Ihre AGB
Prüfen Sie regelmäßig, ob Ihre AGB noch den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen entsprechen, bzw. lassen Sie dies durch einen Juristen prüfen. So können nicht nur Abmahnungen vermieden werden (vgl. Abschnitt 2.3), auch Ihre Forderungen lassen sich auf diese Weise rechtlich absichern.
Legen Sie eigene interne Negativlisten an
Auf internen Negativlisten werden Namen und Anschriften bzw. Kreditkarten-oder Kontonummern von Kunden verzeichnet, mit denen Sie selbst bereits negative Zahlungserfahrungen gesammelt haben. Durch einen Abgleich eingehender Bestellungen mit den Daten der Negativlisten können Sie feststellen, bei welchen Bestellungen mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder Zahlungsstörungen zu erwarten sind. Voraussetzung ist jedoch, dass Sie über vollständige und verifizierte Daten verfügen, um den Kunden eindeutig identifizieren zu können. Schon kleinere Variationen in der Schreibweise des Namens können nämlich dazu führen, dass ein bereits negativ aufgefallener Kunde nicht mehr erkannt und dennoch beliefert wird.
Nutzen Sie Bonitätsinformationen externer Dienstleister
Liegen keine ausreichenden eigenen Zahlungserfahrungen mit dem Kunden vor (z. B. bei Neukunden), können Bonitätsinformationen externer Dienstleister zu einer wesentlich besseren Einschätzung des Zahlungsausfallrisikos beitragen. Als Anbieter von Bonitätsinformationen sind in erster Linie die Auskunfteien zu nennen, die auf Anfrage mitteilen, ob gegen einen bestimmten Kunden derzeit ein außergerichtliches Inkasso-Verfahren läuft („weiches“ Negativmerkmal), ein gerichtliches Mahn- oder Klageverfahren („mittleres“ Negativmerkmal) oder ein Insolvenz-Verfahren eröffnet worden ist („hartes“ Negativmerkmal). Liegt kein Negativmerkmal vor, was beim Großteil der Kunden der Fall sein wird, kann die Zahlungsausfall-wahrscheinlichkeit mithilfe eines mathematisch-statistischen Verfahrens ermittelt werden (so genanntes „Scoring“, vgl. hierzu den Abschnitt „Geschickt gestrickt – die Abfrage- und Entscheidungslogik“).
Fragen Sie Kontensperrlisten ab
Für Lastschriftzahlungen stellen Zahlungsdienstleister und Inkasso-Unternehmen relativ preisgünstige Informationen über aktuell anhängige Rücklastschriften zur Verfügung. Die zentrale deutsche Sperrdatei KUNO, die auf eine Initiative der Polizei und des Einzelhandels zurückgeht (www.kuno-sperrdienst.de), enthält zudem die Konto- bzw. Kartennummern von Bankkundenkarten, die bei der Polizei als verloren oder gestohlen gemeldet sind.
Negativlisten und Sperrlisten | ||||
Die folgende Übersicht gibt Ihnen einen Überblick darüber, welche Kundendaten mithilfe welcher Negativlisten geprüft werden können. | ||||
Name und Anschrift von natürlichen und juristischen Personen |
Kreditkartennummern | Kontonummern | ||
Negative Zahlungserfahrungen des eigenen Unternehmens | Interne Peronennegativliste | Interne Kreditkartennegativliste(PCI-konform | Interne Kontennegativliste | |
Negative Zahlungserfahrungen von anderen Unternehmen | Daten von Inkasso-Unternehmen und Auskunfteien | - | Sperrlisten von Handelskonzernen und Zahlungsdienstleistern | |
Konten- oder Kartensperren | - | Sperrliste des Kredit-kartenherausgebers (wird bei der Autorisierung geprüft) | KUNO-Sperrdatei von polizeilich verloren oder gestohlen gemeldeten Karten | |
Eidesstattliche Versicherung, Insolvenz | Schuldnerverzeichnisse, Insolvenzbekanntmachungen |
- | - | |
Infobox 5-5: Negativlisten und Sperrlisten Quelle: ibi research (E-Commerce-Leitfaden 2009) |
Achten Sie auf Auffälligkeiten, die auf Betrug hinweisen (Betrugsmuster)
Die Maschen professioneller Betrüger zu durchschauen ist nicht immer einfach. In vielen Fällen hätten Betrugsfälle jedoch vielleicht verhindert werden können, wenn Auffälligkeiten der Bestellung rechtzeitig erkannt worden wären. Die Voraussetzung dafür ist eine entsprechende Sensibilität bei der Bearbeitung von Bestellungen bzw. die Durchführung automatisierter Prüfungen. Eine beispielhafte, jedoch keinesfalls vollständige Auflistung möglicher Hinweise auf Betrugsfälle finden Sie in Checkliste 5-3.
Ermitteln Sie die Herkunft Ihrer Besucher
Mithilfe von GeoIP-Analysen können Sie anhand der IP-Adresse des Besuchers feststellen, aus welchem Land die IP-Adressen Ihrer Besucher stammen. Stimmt das Herkunftsland der IP-Adresse nicht mit dem Lieferland überein oder stammt die IP-Adresse aus einem Risikoland (vgl. hierzu Checkliste 5-3), so könnte es sich um einen Betrugsversuch handeln.
Checkliste: Mögliche Hinweise auf Betrug
Zu beachten ist jedoch, dass jeder Händler selbst am besten beurteilen kann, wie sich seine Kunden üblicherweise verhalten und in welchen Fällen Auffälligkeiten vorliegen. Die vorliegende Checkliste kann daher nur beispielhafte Hinweise liefern und sollte von jedem Händler individuell angepasst und erweitert werden. |
Checkliste 5-3: Mögliche Hinweise auf Betrug Quelle: ibi research (E-Commerce-Leitfaden 2009) |
Geschickt gestrickt – die Abfrage- und Entscheidungslogik
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Eine der größten Herausforderungen im Risikomanagement ist die Entwicklung einer effizienten Abfrage- und Entscheidungslogik für die Risikosteuerung. Die Abfragelogik legt fest, welche internen und externen Daten in welcher Reihenfolge in die Risikoprüfung einbezogen werden sollen. Mithilfe der Entscheidungslogik werden die Ergebnisse der einzelnen Abfragen zu einer Entscheidung darüber verknüpft, welche Form der Zahlungsabwicklung bei dieser Bestellung akzeptiert wird (vgl. Abbildung 5-9). Welche Möglichkeiten der Zahlungsabwicklung dem Kunden angeboten werden entscheidet wiederum wesentlich über die Kaufabbruchquote in einem Web-Shop (vgl. hierzu die Studie „Erfolgsfaktor Payment“ in Infobox 4-6). Was bei der Gestaltung der Abfrage- und Entscheidungslogik zu beachten ist und wie die Abfrage- und Entscheidungslogik in den Bestellprozess eingebunden werden kann, wird im Folgenden erläutert. |
Herausforderungen bei der Gestaltung der Abfragelogik
Bei der Gestaltung der Abfragelogik ist zunächst abzuwägen, wie viele externe Bonitätsinformationen im Rahmen der Risikoprüfung abgefragt werden sollen. Grundsätzlich werden umso mehr zahlungsunfähige bzw. –unwillige Kunden erkannt, je mehr externe Datenquellen abgefragt werden. Der Grund hierfür ist, dass nicht alle Auskunfteien über alle Negativmerkmale bzw. vergangenen Zahlungsstörungen eines Kunden Bescheid wissen (vgl. hierzu auch das Interview mit Oliver Benesch, creditPass).
Die Herausforderung bei der Gestaltung der Abfragelogik liegt daher darin, weder zu viele noch zu wenige Daten abzufragen (vgl. Abbildung 5-10). Die Nutzung zu vieler Daten bedeutet, dass hohe Kosten anfallen, die die Marge stark reduzieren oder sogar aufzehren können. Werden zu wenige externe Daten zugekauft, werden Informationen über Zahlungsstörungen, die nicht allen Auskunfteien bekannt sind, dagegen eventuell übersehen.
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Die Abbildung zeigt an einem konkreten Beispiel, wie sich die Gesamtkosten für Risikoprüfungen und Zahlungsausfälle in Abhängigkeit von der Anzahl der Risikoprüfungen entwickeln. Hierfür wird angenommen, dass 7 von 100 Bestellungen mit einem Wert von jeweils 100 Euro nicht bezahlt würden. Durch Zukäufe externer Daten können zunehmend mehr zahlungsunwillige und -unfähige Kunden erkannt werden, allerdings steigen dadurch auch die Kosten für externe Prüfungen an. Das Kostenminimum liegt dort, wo die Summe aus den Kosten für Zahlungsausfälle und den Kosten für Risikoprüfungen am niedrigsten ist. Grundsätzlich ist die Abfrage weiterer Bonitätsinformationen nur dann erforderlich, wenn sich aus den zuerst abgefragten Datenquellen keine Anhaltspunkte für eine schlechte Bonität des Kunden ergeben. Ist der Kunde bereits auf einer internen Negativliste vermerkt, ist eine zusätzliche Abfrage externer Datenquellen nicht sinnvoll. Die Abfragelogik lässt sich daher durch eine Orientierung an den goldenen Regeln der Abfragelogik weiter optimieren (vgl. Infobox 5-6). |
Die vier goldenen Regeln der Abfragelogik:
1. Nutzen Sie interne Daten immer zuerst (Negativlisten, Bestellhistorien der Wiederholungskäufer). |
Infobox 5-6: Goldene Regeln der Abfragelogik Quelle: ibi research (E-Commerce-Leitfaden 2009) |
Auch im Risikomanagement gilt: Die Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Die Entscheidungslogik kann daher maximal so gut sein, wie es die Abfragelogik zulässt. Denn mit einer schlechten Datenbasis als Grundlage kann selbst die ausgeklügeltste Entscheidungslogik zu keinem zufrieden stellenden Ergebnis kommen.
Herausforderungen bei der Gestaltung der Entscheidungslogik
Die Entscheidungslogik legt auf Basis der Abfrageergebnisse fest, wie das Zahlungsausfallrisiko bei einer bestimmten Bestellung eingeschätzt und welches Zahlungsverfahren aufgrund dieser Risikoeinschätzung akzeptiert wird. Liegen harte oder mittlere Negativmerkmale (z. B. Insolvenz oder Zwangsvollstreckung) vor, sollte in jedem Fall nur Zahlung per Vorkasse akzeptiert werden. Wird von einer Auskunftei dagegen nur ein weiches Negativmerkmal oder ein schlechtes Ergebnis aus einem mathematisch-statistischen Scoring zurückgemeldet, ist die Entscheidung nicht ganz so einfach.
Scorings basieren nicht ausschließlich auf tatsächlichen Zahlungserfahrungen, sondern im Wesentlichen auf vermuteten Zusammenhängen zwischen bestimmten Merkmalen der Kunden (z. B. Alter, Geschlecht, Wohnort bei Privatkunden bzw. Rechtsform, Branche, Umsatzhöhe bei Firmenkunden) und der Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls. Dem Kunden wird auf Basis seiner Merkmale ein Zahlungsausfallrisiko zugeordnet, das den durchschnittlichen Zahlungsausfällen bei Personen bzw. Unternehmen mit ähnlichen Merkmalen entspricht. Ein schlechtes Ergebnis eines Scorings bedeutet jedoch nicht zwingend, dass der Kunde tatsächlich nicht bezahlen kann oder will.
Die Stolperfalle bei der Gestaltung der Entscheidungslogik liegt in diesem Zusammenhang in den so genannten False-Positive- bzw. False-Negative-Effekten (vgl. Abbildung 5-11). Der False-Positive-Effekt beschreibt das Problem, dass eigentlich zahlungsfähige und -willige Kunden aufgrund des Resultats der Risikoprüfungen nicht mit „unsicheren“ Zahlungsverfahren (vor allem Lastschrift, Rechnung) bezahlen dürfen, obwohl die Zahlung ordnungsgemäß erfolgt wäre. Ein Teil dieser Kunden bricht in der Folge den Kauf ab und sucht nach einem anderen Anbieter, was zu Umsatzeinbußen führt (vgl. hierzu die Studie „Erfolgsfaktor Payment“ in Infobox 4-6 und das Fallbeispiel am Ende dieses Kapitels). Der False-Negative-Effekt tritt umgekehrt dann auf, wenn ein zahlungsunfähiger Kunde aufgrund einer falschen Risikoeinschätzung akzeptiert wird. |
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Stellschrauben für die Optimierung des Risikomanagements
Um die optimale Abfrage- und Entscheidungslogik zu finden, müssen daher sowohl die Zahlungsverzögerungen und Zahlungsausfälle als auch die Kaufabbruchquoten und die Kosten für die Nutzung externer Daten im Auge behalten werden. Ansatzpunkte zur Optimierung finden sich sowohl in der Abfrage- als auch in der Entscheidungslogik. Steigen beispielsweise die Zahlungsstörungen bei gleichem Umsatz plötzlich an, gibt es zwei Möglichkeiten:
- Zum einen kann versucht werden, eine verbesserte Trennschärfe in der Unterscheidung zwischen guten und schlechten Kunden zu erzielen (vgl. Alternative 1 in Abbildung 5-12). Dies kann z. B. dadurch erreicht werden, dass zusätzliche bzw. andere Datenquellen für die Risikoprüfungen herangezogen werden (Änderung der Abfragelogik). Hierdurch werden jedoch gegebenenfalls höhere Kosten für die Nutzung dieser Daten verursacht.
- Zum anderen können Kunden mit einer höheren Risikoeinstufung, die bisher noch per Rechnung oder Lastschrift bezahlen konnten, zukünftig nur noch per Vorkasse oder Nachnahme beliefert werden (Verschiebung der Annahmegrenze nach links, vgl. Alternative 2 in Abbildung 5-12). Der Nachteil dieser Maßnahme liegt jedoch darin, dass bei einer solchen „härteren“ Einstellung der Entscheidungslogik die Anzahl der False Positives und in der Folge die Kaufabbruchquote ansteigt.
Durch laufende Überprüfung und Justierung der Abfrage- und Entscheidungslogik nähert man sich dem Optimum an, das je nach Produktart, Zielgruppe etc. jeweils woanders liegen kann. Wird beispielsweise bei einer bestimmten Zielgruppe eine überdurchschnittlich hohe Kaufabbruchquote festgestellt, kann die Entscheidungsregel bei dieser Zielgruppe versuchsweise etwas „weicher“ eingestellt werden (d. h. die Annahmegrenze wird in Alternative 2 in Abbildung 5-12 nach rechts verschoben).
Möglichkeiten zur Verringerung von Zahlungsstörungen
Alternative 1: Änderung der Abfragelogik (Verbesserung der Trennschärfe durch den Zukauf zusätzlicher externer Daten) | Alternative 2: Änderung der Entscheidungslogik (geringere Risikoakzeptanz) | |||||||
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Einbindung der Abfrage- und Entscheidungslogik in den Bestellprozess
Die Abfrage- und Entscheidungslogik kann grundsätzlich auf zwei Arten in den Bestellprozess eingebunden werden.
1. Durchführung von Risikoprüfungen in Abhängigkeit vom Zahlungsverfahren
Bestimmte Risikoprüfungen werden nur dann durchgeführt, wenn die vom Kunden gewählte Zahlungsart mit Risiken für Sie als Händler verbunden ist (vgl. Abbildung 5-13). Dies hat den Vorteil, dass keine Kosten für Risikoprüfungen anfallen, wenn der Kunde ein „sicheres“ Zahlungsverfahren wie die Vorkasse wählt. Nachteilig ist jedoch, dass die nachträgliche Verweigerung der gewählten Zahlungsart aufgrund zu hohen Risikos zur Verärgerung des Kunden und damit zu einem Kaufabbruch führen kann. Verbunden mit Anreizen für die Wahl „sicherer“ Zahlungsarten (z. B. einem Preisnachlass) kann diese Form der Risikoprüfung jedoch insgesamt sehr sinnvoll sein (vgl. hierzu auch Abbildung 5-14).
Alternative 1: Durchführung von Risikoprüfungen in Abhängigkeit des vom Kunden gewählten Zahlungsverfahrens
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2. Angebot an Zahlungsverfahren in Abhängigkeit vom ermittelten Ausfallrisiko
Jeder Kunde wird nach Angabe seiner Anschrift zunächst einer Adressverifizierung und Bonitätsprüfung unterzogen (vgl. Abbildung 5-15). Nach Ermittlung des Ausfallrisikos wird festgelegt, zwischen welchen Zahlungsverfahren der Kunde wählen kann. Wird beispielsweise im Rahmen der Bonitätsprüfung ein mittleres Negativmerkmal zurückgemeldet, wird diesem Kunden die Zahlung mit „unsicheren“ Zahlungsverfahren wie der Lastschrift oder der Rechnung überhaupt nicht angeboten. Hierfür ist es noch wichtiger als bei Alternative 1, dass die Abfragen und Entscheidungen faktisch „in Echtzeit“ ablaufen, wenn der Kunde auf den „Weiter“-Button im Bestellprozess klickt und auf den Aufruf der nächsten Maske wartet.
Alternative 2: Angebot an Zahlungsverfahren in Abhängigkeit vom ermittelten Ausfallrisiko
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Wie diese Ausführungen zeigen, können mithilfe von Risikoprüfungen mögliche Ursachen für Zahlungsstörungen rechtzeitig erkannt und aufwendige Beitreibungen offener Forderungen sowie Zahlungsausfälle vermieden werden. Allerdings verursacht die Durchführung von Risikoprüfungen auch Kosten. Zum einen fallen interne Aufwände sowie zusätzliche Gebühren an, die an externe Dienstleister zu zahlen sind. Zum anderen werden eventuell auch einige „gute“ Kunden, die eigentlich bezahlt hätten, zu Unrecht von einer Zahlung per Rechnung oder Lastschrift ausgeschlossen und brechen den Kauf daraufhin ab. Wie sich diese Effekte auf den Gewinn des Händlers „Risikooptimal“ auswirken, wird in der Fortsetzung des Fallbeispiels aus Kapitel 4 erläutert. |
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Viel hilft viel – soll aber nicht viel kosten! Interview mit Oliver Benesch, creditPass, www.creditpass.de |
5.2.3 Rundum sorglos – Dienstleistungen externer Anbieter (nach oben)
Die vorhergehend vorgestellten Maßnahmen können dazu beitragen, das Risiko bei Lieferungen per Nachnahme, Rechnung, Kreditkarte oder Lastschrift deutlich zu reduzieren. Allerdings sind der Aufbau und die Pflege der erforderlichen Prüfungen zur Identifizierung von Betrügern oder bonitätsschwachen Kunden mit teils erheblichem Aufwand verbunden, der sich für kleinere Händler nicht rechnet. In diesem Fall bietet es sich an, Dienstleistungen externer Anbieter in Anspruch zu nehmen, die diese Aufgaben übernehmen.
Für die Durchführung von Risikoprüfungen erscheint es sinnvoll, Spezialanbieter zu nutzen, die eine möglichst große Anzahl an Abfragen inklusive individueller Risikomanagement-Logiken aus einer Hand anbieten. Hierzu zählen unter anderem die Plausibilitätsprüfung von Adress-, Konto- oder Kreditkartendaten, die Abfrage von Negativlisten, die Einholung von Bonitätsauskünften oder die Durchführung von Betrugsprüfungen. Ein guter Dienstleister sollte zudem auch kleineren Händlern die Möglichkeit geben, Abfrage- und Entscheidungslogiken bei Bedarf schnell und einfach zu ändern (vgl. hierzu auch das Interview mit Oliver Benesch, creditPass). Einige Shop-Systeme und Payment Service Provider haben solche Angebote auch bereits als Modul integriert. Fragen Sie Ihren Anbieter einfach nach einer derartigen Lösung. Eine andere Möglichkeit stellt die Nutzung einer Verkaufsplattform dar (vgl. Abschnitt 2.1). In der Regel übernimmt der Plattformbetreiber auch die Abwicklung der Zahlung und die Durchführung von Risikoprüfungen. Alle angeschlossenen Händler profitieren so von geringeren Ausfallquoten, während jeder Händler nur einen Teil der Kosten für den Aufbau und die Pflege der Risikoprüfungen zu tragen hat.
Häufig bieten Anbieter von Risikoprüfungen auch weitere Dienstleistungen wie z. B. das Inkasso offener Forderungen (vgl. Abschnitt 5.3) an. Der Vorteil dabei ist, dass die angeschlossenen Inkasso-Unternehmen über dieselbe Schnittstelle erreicht werden können.
Eine Alternative zur Auslagerung des Inkassos offener Forderungen stellt der Forderungsverkauf (so genanntes Factoring) dar. Der Verkauf von Forderungen bietet für Sie als Händler die Vorteile, dass das Risiko von Zahlungsstörungen und Zahlungsausfällen im Falle eines echten Factoring vollständig auf den Käufer der Forderung übergeht und der Gegenwert der Forderung abzüglich eines Abschlags unmittelbar an Sie ausgezahlt wird. Die Höhe des Abschlags wird individuell nach der Risikostruktur Ihrer Forderung bestimmt. Auch wenn Sie Ihre Forderungen an externe Dienstleister verkaufen, sollten Sie daher darauf achten, dass Sie ausreichende Maßnahmen zum Schutz vor zahlungsunwilligen, zahlungsunfähigen und betrügerischen Kunden ergriffen haben.
Wenn Sie Ihren Kunden die Möglichkeit der Ratenzahlung bieten wollen, empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit einer Online-Kreditbank. Wünscht Ihr Kunde eine Finanzierung, übermittelt er aus Ihrem Web-Shop die erforderlichen Daten für die Bonitätsbeurteilung an die Bank und erhält auf dieser Basis eine erste grundsätzliche Aussage, ob eine Finanzierung möglich ist. Anschließend druckt er den Kreditantrag aus und sendet diesen unterschrieben und gegebenenfalls ergänzt um weitere Anlagen (z. B. Verdienstnachweis) an die Kreditbank. Nach positiver Prüfung der Unterlagen wird eine Kreditbestätigung sowohl an Sie als auch an den Kunden verschickt und Sie können die Ware versenden.
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Das Internet als Fenster zur Welt - wie man ohne Risiko neue Kunden gewinnt Interview mit Martin Schindler (Fenster-Handel.de) |
5.3 Was passiert, wenns kracht – so kommen Sie zu Ihrem Recht (nach oben)
Nach wie vor wird jedes Jahr eine erhebliche Anzahl von Unternehmen und Verbrauchern in Deutschland insolvent. Meldet Ihr Kunde Insolvenz an, muss Ihre Forderung gegen den Kunden inklusive aller zusätzlich angefallenen Kosten für die Bearbeitung der Zahlungsstörung und den Versand von Mahnungen in der Regel fast vollständig abgeschrieben werden. Umso wichtiger ist es, dass im Falle einer Zahlungsstörung schnell und konsequent vorgegangen wird: Je länger Ihr Kunde die Zahlung hinauszögert, umso größer das Risiko, dass der Kunde vor Begleichung der Forderung insolvent wird.
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Hinzu kommt, dass auch die Banken ihr Augenmerk bei der Kreditvergabe aufgrund neuer Vorschriften (Stichwort: Basel II) verstärkt auf die durchschnittliche Forderungslaufzeit eines Unternehmens richten. Dies führt dazu, dass mit zunehmender Höhe der ausstehenden Forderungen nicht nur der Finanzierungsbedarf Ihres Unternehmens zunimmt, sondern gleichzeitig neue Kredite nicht mehr bzw. nur gegen höhere Zinssätze gewährt werden. Schließlich ist zu beachten, dass Forderungen drei Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem sie entstanden sind, verjähren. Liegt bis zu diesem Zeitpunkt kein Vollstreckungstitel oder Schuldanerkenntnis des Kunden vor, kann dieser die Zahlung mit Recht verweigern. Die Klageerhebung oder Beantragung eines Mahnbescheids führt seit dem Jahr 2002 nicht mehr zu einem Neubeginn, sondern nur noch zu einer Unterbrechung (Hemmung) der Verjährungsfrist. |
Aufgrund dieser Entwicklungen wird ein effektives Forderungsmanagement immer wichtiger. Durch welches Vorgehen dabei der größte Erfolg erzielt werden kann, lässt sich nicht pauschal beurteilen. Vielmehr hängt das Vorgehen beispielsweise von der Forderungshöhe, der Art der verkauften Waren oder Dienstleistungen, der Dauer der Kundenbeziehung und der Bonität des Kunden ab. So empfiehlt es sich, bei langjährigen Kunden mit einwandfreier Bonität mindestens eine freundliche Zahlungserinnerung zu versenden. Bei Neukunden mit zweifelhafter Bonität steht dagegen tendenziell eher die schnelle Erwirkung eines vollstreckbaren Titels (z. B. eines vollstreckbaren Urteils oder eines Vollstreckungsbescheids) im Vordergrund, um die Ansprüche gegen den Kunden auf dem Weg der Zwangsvollstreckung durchsetzen zu können.
Der Forderungsmanagement-Prozess umfasst mehrere Stufen.
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Die grundsätzlich möglichen Maßnahmen im Forderungsmanagement sind in Abbildung 5-17 dargestellt und werden in den folgenden Abschnitten näher erläutert. So befasst sich der folgende Abschnitt mit der Frage, wie mit Chargebacks und Rücklastschriften umzugehen ist. Anschließend wird zunächst auf die Voraussetzungen und Möglichkeiten des außergerichtlichen Mahnverfahrens eingegangen, bevor abschließend die Möglichkeiten der Einbeziehung von Rechtsanwälten oder Inkasso-Unternehmen sowie das gerichtliche Mahn-bzw. Klageverfahren erläutert werden. |
5.3.1 Chargeback oder Rücklastschrift - was nun? (nach oben)
Rückgaben von Kreditkartenzahlungen (Chargebacks) oder Lastschriften können auf eine Vielzahl von Gründen zurückzuführen sein, z. B. fehlerhafte Lieferung, Betrug, Beschädigung oder Verlust der Ware durch den Logistikdienstleister oder Fehler aufseiten der beteiligten Banken. Welcher dieser Gründe vorliegt, ist bei der Lastschrift nicht unmittelbar erkennbar, da aus Händlersicht lediglich sechs relevante Rückgabegründe unterschieden werden (vgl. Infobox 5-7). Bei Chargebacks können mehr Rückgabegründe (Reason Codes) angegeben werden, auch diese sind jedoch nicht immer eindeutig oder werden mitunter auch falsch gewählt (vgl. Infobox 5-8). Ermitteln Sie daher zunächst, aus welchem Grund die Lastschrift oder Kreditkartenzahlung tatsächlich zurückgebucht wurde, gegebenenfalls, indem Sie sich mit Ihrem Kunden in Verbindung setzen oder anderweitige Nachforschungen anstellen.
Rückgabegründe für Lastschriften | |
Im Lastschriftabkommen zwischen den Banken wurden die im Folgenden aufgeführten Rückgabegründe für Lastschriften festgelegt. Der Rückgabegrund ist in der letzten Ziffer des Textschlüssels codiert. Bei einer Rücklastschrift mit dem Textschlüssel 09050 handelt es sich beispielsweise um eine Rückgabe mangels Deckung. | |
Textschlüsselendung | Rückgabegrund |
0 | Das Konto weist nicht die erforderliche Deckung auf. |
1 | Das angegebene Konto wurde aufgelöst. |
2 | Die Kontonummer existiert nicht, es handelt sich um ein Sparkonto, oder der angegebene Name des Kunden stimmt nicht mit dem des Kontoinhabers überein. |
3 | Der Kunde gibt an, für diese Abbuchung keine Einzugsermächtigung erteilt zu haben. |
4 | Die Lastschrift wurde durch den Händler selbst zurückgerufen. |
5 | Der Kunde hat zwar eine Einzugsermächtigung erteilt, gibt die Abbuchung aber aus anderen Gründen zurück. |
Infobox 5-7: Rücklastschriftgründe Quelle: Anlage 1 des Abkommens über den Lastschriftverkehr |
Kommen Sie zu dem Schluss, dass das Chargeback einer Kreditkartenzahlung unberechtigt erfolgt ist, können Sie dieses innerhalb einer angegebenen Frist zurückweisen. Sie müssen jedoch gegebenenfalls über ausreichende Nachweise verfügen. Beim Chargeback Reason Code „Ware nicht erhalten“ kann dies beispielsweise eine vom Kunden unterschriebene Zustellbestätigung sein, beim Reason Code „Gutschrift nicht erteilt“ ein entsprechender Nachweis, dass die Gutschrift erteilt wurde (z. B. Kontoauszug). Die endgültige Entscheidung darüber, ob ein Chargeback zurückgewiesen werden kann, trifft jedoch die kartenherausgebende Bank. Wird die Zurückweisung des Chargebacks nicht anerkannt, müssen Sie sich direkt mit dem Kunden auseinandersetzen.
Häufige Chargeback-Gründe bei Kreditkartenzahlungen im Internet | |||
Kreditkartenzahlungen können ebenso wie Lastschriftzahlungen zurückgegeben werden. Bei Kreditkartenabbuchungen spricht man hier von einem Chargeback. Bei jedem Chargeback muss vom Kreditkarteninhaber ein Grund für die Rückbelastung angegeben werden, der Chargeback Reason genannt und in Form einer Zahl codiert wird. Die nachfolgende Übersicht zeigt häufige Gründe für Rückbelastungen samt ihrer Codes und deren Beschreibung. | |||
Reason Code Nr. | |||
MasterCard | Visa | Bezeichnung | Beschreibung |
37 | 83 | No cardholder authorization bzw. Fraudulent transaction – card absent environment | Der Karteninhaber streitet ab, die Zahlung getätigt zu haben. |
41 | 41 | Cancelled recurring transaction | Abbuchung trotz vorhergehender Kündigung einer Mitgliedschaft oder eines Abonnements. |
42 | 74 | Late presentment | Der Kreditkartenumsatz wurde vom Händler nicht innerhalb der vertraglich vereinbarten Zeit eingereicht. |
53 | 53 | Cardholder dispute-defective / not as described bzw. Not as described or defective | Ware ist defekt oder entspricht nicht der Beschreibung im Web-Shop des Händlers. |
55 | 30 | Non-receipt of merchandise bzw. Services / merchandise not received | Der Karteninhaber hat die Ware nicht erhalten. |
59 | 30 | Services not rendered bzw. Services / merchandise not received | Der Karteninhaber hat eine ihm zustehende Leistung nicht erhalten. |
60 | 85 | Credit not processed | Der Karteninhaber hat eine ihm zustehende Gutschrift nicht erhalten. |
63 | 75 | Cardholder does not recognize – potential fraud bzw. Transaction not recognized | Der Kunde kann eine Abbuchung auf seiner Kreditkartenabrechnung nicht zuordnen. |
Infobox 5-8: Chargeback Reason Codes Quellen: MasterCard 2007, Visa 2007 |
Wurden die Daten von MasterCard- oder Visa-Kreditkarten von Betrügern missbraucht, so kann das Chargeback in den meisten Fällen zurückgewiesen werden, wenn der Händler die Authentifizierungsverfahren MasterCard SecureCode bzw. Verified by Visa nutzt. Dies gilt auch dann, wenn der Kunde über kein entsprechendes Passwort verfügt, da in diesem Fall die kartenherausgebende Bank für den entstandenen Schaden aufzukommen hat. In allen anderen Fällen trägt der Händler das Risiko des Kreditkartenmissbrauchs durch Betrüger. Da es sich hierbei um eine Straftat handelt, empfiehlt es sich, durch eine Strafanzeige ein polizeiliches Ermittlungsverfahren einzuleiten (vgl. den Abschnitt „Wenn alles nichts hilft – knallhart ins Gericht“).
Bei unberechtigten Rücklastschriften haben Sie nur die Möglichkeit, sich direkt mit dem Kunden auseinanderzusetzen und gegebenenfalls das Mahnverfahren (vgl. die folgenden Abschnitte) bzw. ein polizeiliches Ermittlungsverfahren einzuleiten.
5.3.2 Richtig mahnen - (k)ein Buch mit sieben Siegeln (nach oben)
Wurde eine Lastschrift oder Kreditkartenzahlung nicht eingelöst bzw. unberechtigt zurückgegeben, befindet sich der Kunde in Verzug und ist daher zum Ersatz des Verzugsschadens verpflichtet. Hierzu zählen neben den Chargeback-Entgelten bzw. Rücklastschriftgebühren, den Kosten für die Erstellung und den Versand von Mahnungen oder die Beauftragung eines Inkasso-Büros auch die Verzugszinsen. Diese betragen bei Verbrauchern 5 % und bei Unternehmen 8 % pro Jahr, zuzüglich des aktuellen Basiszinssatzes (vgl. das Rechenbeispiel in Infobox 5-9).
Berechnung von Verzugszinsen | |
Beispiel: Forderung gegen einen Verbraucher | |
Forderungshöhe | 1.000,- EUR |
Rechnungszugang am | 08.09.2007 |
Ablauf der 30-Tage-Frist (alternativ: Tag des Zugangs der Mahnung) | 09.10.2007 |
Begleichung der Forderung am (Wertstellung) | 30.10.2007 |
Anzahl der Verzugstage | 21 |
Verzugszinsen pro Jahr (5 % + 3,19 %*) | 8,19% |
Anteiliger Zinssatz (21 x 8,19 %) / 365) | 0,47% |
Verzugszinsen | 4,71 EUR |
* Für den relevanten Zeitraum beträgt der Basiszinssatz 3,19 %. Der Basiszinssatz wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu festgelegt und ist unter www.bundesbank.de abrufbar. | |
Infobox 5-9: Berechnung von Verzugszinsen Quelle: ibi research (E-Commerce-Leitfaden 2009) |
Bei unbezahlten Rechnungen kommt der Kunde spätestens 30 Tage nach Zugang der Rechnung in Verzug. Gegenüber Verbrauchern gilt diese Regelung jedoch nur, wenn auf der Rechnung auf den Eintritt des Verzugs nach Ablauf der 30-Tage-Frist hingewiesen wurde. Wird bereits vor Ablauf der 30Tage-Frist eine Mahnung an den Kunden versandt, befindet sich der Kunde ab dem Zeitpunkt des Zugangs der Mahnung in Verzug (§ 286 BGB).
Eine schriftliche Mahnung ist daher nicht unbedingt erforderlich, um den Kunden in Verzug zu setzen. Auch ohne eine schriftliche Mahnung kann ein gerichtliches Mahn- oder Klageverfahren eingeleitet werden. Aufgrund der relativ hohen Kosten ist dies bei unbezahlten Rechnungen in der Regel jedoch nicht sinnvoll. Schließlich ist ein großer Anteil der unbezahlten Rechnungen schlicht auf Vergesslichkeit der Kunden zurückzuführen (vgl. Abbildung 5-3).
Als ersten Schritt empfiehlt es sich daher, selbst oder über ein beauftragtes Inkasso-Unternehmen (vgl. den Abschnitt „Professionelle Partner“) eine höfliche Zahlungserinnerung an den Kunden zu senden. Eine beispielhafte Formulierung können Sie Infobox 5-10 entnehmen. Bitten Sie Ihren Kunden, die ausstehende Forderung innerhalb von 7 bis 14 Tagen zu begleichen bzw. sich bei Problemen mit Ihnen in Verbindung zu setzen.
Reagiert der Kunde nicht innerhalb der angegebenen Frist, sollte zeitnah eine weitere Zahlungsaufforderung versendet werden, die deutlich als Mahnung gekennzeichnet ist. Der Kunde wird in diesem Schreiben nachdrücklicher aufgefordert, die Zahlung innerhalb von weiteren 7 bis 14 Tagen zu leisten (vgl. Infobox 5-11).
Als Alternative zur Zahlungserinnerung oder zur Mahnung bietet sich auch ein Anruf beim Kunden an. Im persönlichen Gespräch kann zunächst auf die Zufriedenheit des Kunden mit der Leistung eingegangen werden, um mögliche Reklamationen auszuschließen. Anschließend wird der Kunde auf die noch offene Rechnung angesprochen.
Gibt der Kunde zu, dass er momentan aufgrund von Liquiditätsproblemen nicht zahlen kann, können Sie gegebenenfalls eine Ratenzahlung, einen Zahlungsaufschub oder einen Vergleich (d. h. einen Verzicht auf einen Teil der Forderung) anbieten. Treffen Sie im Falle einer Ratenzahlung oder eines Zahlungsaufschubs eine schriftliche Vereinbarung mit dem Kunden, aus der ein Schuldanerkenntnis des Kunden hervorgeht, so können Sie einen Neubeginn der Verjährungsfrist erreichen.
Erfolgt keine Reaktion des Kunden auf die erste Mahnung, können Sie je nach Einschätzung der Situation entweder noch weitere Mahnungen versenden oder einen Rechtsanwalt mit der gegebenenfalls gerichtlichen Beitreibung der Forderung beauftragen. Nehmen Sie den Kunden in eine interne Negativliste auf (vgl. Abschnitt 5.2), damit sich die ausstehenden Forderungen durch die Annahme zusätzlicher Bestellungen nicht noch weiter erhöhen.
Zahlungserinnerung |
Infobox 5-10: Zahlungserinnerung (beispielhafte Formulierung) Quelle: ibi research (E-Commerce-Leitfaden 2009) |
Erste Mahnung |
Infobox 5-11: Erste Mahnung (beispielhafte Formulierung) Quelle: ibi research (E-Commerce-Leitfaden 2009) |
Zweite Mahnung |
Infobox 5-12: Zweite Mahnung (beispielhafte Formulierung) Quelle: ibi research (E-Commerce-Leitfaden 2009) |
5.3.3 Professionelle Partner - Rechtsanwälte und Inkasso-Unternehmen (nach oben)
Für viele Händler kann es sinnvoll sein, einen Rechtsanwalt oder ein Inkasso-Unternehmen mit dem Einzug der offenen Forderung zu beauftragen.
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Der Einzug offener Forderungen nimmt viel Zeit in Anspruch und erfordert spezifisches Know-how, das nichts mit dem Kerngeschäft eines Händlers zu tun hat. Weitere mögliche Gründe für die Einschaltung externer Dienstleister können sein, dass Streitigkeiten bei Einschaltung eines neutralen Dritten häufig weniger emotional geführt werden und dass die vom Kunden zu begleichenden Kosten des Forderungseinzugs (auch als Beitreibung bezeichnet) im Erfolgsfall leichter ermittelt werden können als bei einer internen Bearbeitung.
Wie Abbildung 5-18 zeigt, beauftragt etwa die Hälfte der Unternehmen einen externen Dienstleister mit dem Einzug offener Forderungen. Welche Vorteile die Zusammenarbeit mit einem externen Dienstleister dem Händler „Risikooptimal“ aus dem Fallbeispiel in Abschnitt 5.2 bietet, wird nachfolgend in dessen Fortsetzung beschrieben. Wenn Sie sich für die Beauftragung eines externen Dienstleisters mit dem Inkasso offener Forderungen entschieden haben, bleibt die Frage, an wen Sie das Inkasso-Mandat übergeben wollen. Grundsätzlich können Sie zwischen der Beauftragung eines Rechtsanwalts und eines Inkasso-Unternehmens wählen. Welche Vorteile die Beauftragung eines Rechtsanwalts bzw. Inkasso-Unternehmens jeweils haben, wird im Folgenden erläutert. |
Die Beauftragung eines Rechtsanwalts empfiehlt sich insbesondere dann, wenn Sie Ihre Forderung gerichtlich geltend machen wollen (vgl. den Abschnitt „Wenn alles nichts hilft – knallhart ins Gericht“) oder Einwände des Kunden die Hinzuziehung eines Rechtsexperten erforderlich machen. Oft reicht aber auch schon ein Schreiben des Anwalts an den Kunden aus, in dem diesem die Übernahme des Mandats angezeigt wird, um dem Kunden den Ernst der Lage bewusst zu machen und ihn zur Zahlung zu veranlassen. Gegebenenfalls kann dem Schreiben auch ein Gerichtsurteil in einem ähnlich gelagerten Fall oder eine Kopie einer bereits vorbereiteten Klageschrift beigefügt werden. |
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Wie Abbildung 5-19 entnommen werden kann, entscheidet sich der Großteil der befragten Unternehmen derzeit für die Beauftragung eines Inkasso-Unternehmens. Inkasso-Unternehmen zielen in erster Linie auf die außergerichtliche Beitreibung der Forderung ab. Je nach Anbieter kommen hierfür unterschiedliche Möglichkeiten der Schuldneransprache zum Einsatz, z. B. per Brief, Telefon, SMS und E-Mail, bis hin zu persönlichen Schuldnerbesuchen. Welche Maßnahmen genau durchgeführt werden, lässt sich im Idealfall individuell festlegen. Darüber hinaus übernehmen viele Inkasso-Unternehmen auch die Anschriftenermittlung bei unbekannt verzogenen Kunden oder die Ermittlung aktueller Telefonnummern.
Für die gerichtliche Geltendmachung arbeiten die meisten Inkasso-Unternehmen mit Vertragsanwälten zusammen. Nach Erhalt des vollstreckbaren Titels bieten viele Inkasso-Unternehmen auch an, sich um den Einzug der Forderungen zu kümmern.
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Ein Schuldner ist ein Kunde mit Zahlungsstörung! Interview mit Oliver Burgis (atriga GmbH) |
5.3.4 Wenn alles nichts hilft - knallhart ins Gericht (nach oben)
Kann die Forderung nicht außergerichtlich beigetrieben werden, bleibt als letzte Möglichkeit der Gang zum Gericht. Je nach der individuellen Forderung ist zu entscheiden, welche rechtlichen Möglichkeiten (Strafanzeige, gerichtliches Mahnverfahren oder Klageverfahren) ausgeschöpft werden können bzw. sollten.
Eine Strafanzeige ist immer dann möglich, wenn Betrug vorliegt. Hierzu zählen die bereits in diesem Abschnitt genannten Fälle, in denen Konto- oder Kreditkartendaten von Dritten missbraucht wurden. Aber auch bei einer Rücklastschrift mangels Deckung oder einer nicht bezahlten Rechnung kann es sich um Betrug handeln, wenn der Kunde bereits zum Zeitpunkt der Bestellung wissen musste, dass er nicht zahlen kann. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Kunde bereits eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat. Eine strafrechtliche Verurteilung des Kunden führt zwar nicht zu einem vollstreckbaren Titel, in manchen Fällen wird dem Kunden jedoch angeboten, das Verfahren bei Begleichung der offenen Forderung einzustellen.
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Ziel des gerichtlichen Mahnverfahrens ist es, ohne aufwendiges gerichtliches Klageverfahren einen Vollstreckungsbescheid gegen den Kunden zu erwirken. Hierzu ist lediglich ein Mahnantrag zu stellen, der unter www.online-mahnantrag.de auch elektronisch erstellt und eingereicht werden kann. Der Mahnbescheid wird dem Kunden vom Gericht zugestellt. Legt der Kunde nicht innerhalb von zwei Wochen schriftlich Widerspruch gegen den Mahnbescheid ein, so erlässt das zuständige Amtsgericht auf Antrag einen Vollstreckungsbescheid. Bei einem Widerspruch des Kunden gegen den Mahnbescheid geht das Mahnverfahren in ein gerichtliches Klageverfahren über. Wenn Widersprüche des Kunden zu erwarten sind, kann es daher sinnvoll sein, ohne vorhergehendes Mahnverfahren sofort Klage einzureichen, um zusätzliche Aufwände durch das vorhergehende Mahnverfahren zu vermeiden. Allerdings ist die direkte Klage nur bei einer Forderungshöhe ab 600 Euro möglich. |
Für das Klageverfahren werden Sie bzw. der von Ihnen beauftragte Anwalt zunächst aufgefordert, den Anspruch gegen Ihren Kunden näher zu begründen. Diese Klagebegründung wird dem Kunden zugestellt mit der Aufforderung, dem Gericht anzuzeigen, ob er sich gegen die Klage verteidigen will. Ist dies der Fall, kommt es zu einem Gerichtsverfahren, aus dessen Urteil bei positivem Ausgang letztendlich vollstreckt werden kann.
Insbesondere das Klageverfahren, aber auch das gerichtliche Mahnverfahren sind mit erheblichen Laufzeiten und Kosten verbunden, die von Ihnen im Voraus zu zahlen sind. Ob ein solches Verfahren sinnvoll ist, hängt im Wesentlichen von der Forderungshöhe und den Erfolgsaussichten des Verfahrens (z. B. aufgrund der Bonität des Kunden) ab. Allerdings sollte auch bei geringen Forderungshöhen zumindest gelegentlich ein gerichtliches Verfahren eingeleitet werden. Sonst könnte es sich in einschlägigen Internet-Foren schnell herumsprechen, dass man in Ihrem Shop ungeschoren davonkommt.
5.3.5 Unbekannt verzogen - was nun? (nach oben)
Die außergerichtliche oder gerichtliche Beitreibung einer offenen Forderung kann natürlich nur dann zum Erfolg führen, wenn Ihnen die aktuelle Adresse des Kunden bekannt ist. Was aber, wenn eine Zahlungserinnerung oder ein Mahnschreiben mit dem Vermerk zurückkommt: „Unbekannt verzogen“?
Dass ein Mahnschreiben an die beim Kauf angegebene Anschrift nicht mehr zustellbar ist, kommt leider recht häufig vor: Etwa 10 % der Deutschen ziehen Schätzungen zufolge durchschnittlich jedes Jahr um, Kunden mit geringer Bonität sogar dreimal so oft wie zahlungskräftige Kunden. Und gerade diese Kunden „vergessen“ häufig, Ihnen ihre aktuelle Anschrift mitzuteilen bzw. einen Nachsendeantrag bei den Postdienstleistern zu stellen. Erfahrungen von Inkasso-Unternehmen zeigen, dass etwa 15 Prozent der privaten Schuldner versuchen, den Forderungen ihrer Gläubiger durch einen Umzug zu entgehen.
Was können Sie also tun, wenn eine Mahnung nicht zustellbar ist? Zunächst sollten Sie versuchen, telefonisch oder per E-Mail mit dem Kunden Kontakt aufzunehmen (vgl. hierzu die Empfehlung „Erheben Sie vollständige Kundendaten“ in Abschnitt 5.2, um den benötigten Zeitaufwand hierfür möglichst gering zu halten). Vielleicht haben Sie Glück, und die bisherige Festnetznummer wurde an die neue Anschrift mitgenommen. Die Handy-Nummer und die E-Mail-Adresse bleiben bei einem Umzug teilweise unverändert. So können Sie schnell klären, ob es sich tatsächlich um ein Versehen des Kunden gehandelt hat.
Führen aber diese Möglichkeiten nicht zum Erfolg, lohnt sich häufig eine kostenpflichtige Anfrage an eine Auskunftei unter der Ihnen bekannten Anschrift Ihres Kunden. Liegt der Auskunftei die neue Anschrift bereits vor, bekommen Sie diese bei berechtigtem Interesse mitgeteilt.
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Seit Kurzem ist es bei einigen Auskunfteien auch möglich, die aktuelle Anschrift des Kunden anhand der Kontonummer zu ermitteln. Dies ist aber in der Regel deutlich teurer als die Abfrage der Anschrift. Eine Anfrage bei der kontoführenden Bank selbst bleibt dagegen in der Regel ergebnislos, da im E-Commerce (anders als beim Lastschriftverfahren im stationären Einzelhandel) in der Regel keine explizite schriftliche Zustimmung des Kunden zur Herausgabe seiner Anschrift vorliegt und die Bank somit die Kundendaten nicht herausgeben darf. Erhalten Sie auch auf diese Weise keine Informationen über die aktuelle Anschrift des Kunden, bleibt noch die Anfrage beim Einwohnermeldeamt (bzw. bei Unternehmenskunden beim Gewerberegister oder bei der zuständigen Kammer) an der letzten bekannten Anschrift oder die Ermittlung vor Ort. Wie dabei vorzugehen ist, erläutert Ralf Niederhäuser, EURO-PRO, im nachfolgenden Interview. |
Damit die nachträgliche Anschriftenermittlung zum Erfolg führt, sollten Sie bereits bei der Bestellannahme einige Vorsichtsmaßnahmen beachten, dann haben Sie es später einfacher. Selbstverständlich sollte bei „unsicheren“ Zahlarten immer die angegebene Anschrift des Kunden geprüft werden (vgl. Abschnitt 5.2). Denn wenn der Kunde Sie bereits bei der Bestellung täuscht, haben Sie keine Anschrift, auf die Sie Ihre Ermittlungen stützen können. Auch wenn Ihnen außer einer Postfach-Adresse des Kunden keine weiteren Adressdaten vorliegen, ist z. B. bei Auflösung des Postfachs keine Ermittlung des Kunden möglich, da über die Inhaber von Postfächern keine Auskünfte erteilt werden. Schließlich ist es von Vorteil, wenn Sie nicht nur über eine Anschrift, sondern auch über die E-Mail-Adresse und die Festnetz- und / oder Handy-Nummer verfügen, um den Kunden bei Postrückläufern kontaktieren zu können.
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Dem Schuldner auf der Spur – so arbeiten die Profis Interview mit Ralf Niederhäuser, EURO-PRO Gesellschaft für Data Processing mbH, www.europro.de |