Im Gespräch mit Ralf Niederhäuser, EURO-PRO Gesellschaft für Data Processing mbH,www.europro.de
Ralf Niederhäuser ist geschäftsführender Gesellschafter der EURO-PRO Gesellschaft für Data Processing mbH. EURO-PRO ermittelt jährlich über 3 Millionen Adressen für Versandhändler, Anwälte, Banken, Versicherungen, Inkasso-Unternehmen, Energieversorger oder die Leasingbranche und durchforstet dafür verschiedene Datenbanken sowie Melde- und Gewerberegister.
Herr Niederhäuser, unter welchen Voraussetzungen kommt man als Online-Händler an Daten von Meldeämtern?
Da es in Deutschland rund 5.500 Einwohnermeldeämter gibt, die teilweise unterschiedliche Anforderungen stellen, ist diese Frage nicht ganz eindeutig zu beantworten. Grundsätzlich ist hierfür eine so genannte einfache Anfrage an das Meldeamt zu stellen. Bei fast allen Einwohnermeldeämtern müssen dafür der Vor- und Nachname, das Geburtsdatum und / oder die letzte bekannte Anschrift der gesuchten Person angegeben werden.
Auch die Kosten für eine solche Anfrage unterscheiden sich je nach Einwohnermeldeamt. Sie belaufen sich auf etwa 2 bis 12 Euro und müssen bei fast allen Ämtern im Voraus, z. B. durch Überweisung, Beilegung eines Verrechnungsschecks oder per Lastschrifteinzug bezahlt werden.
Die Anfrage kann schriftlich oder bei ca. 50 % der Meldeämter auch bereits elektronisch über ein Online- Portal bzw. kommunale Rechenzentren gestellt werden. Der Nachweis eines berechtigten Interesses ist hierfür in der Regel noch nicht erforderlich.
Um frühere Wohnanschriften, Familienstand, Geburtstag und Geburtsort oder die Staatsangehörigkeit der gesuchten Person zu erfahren, ist eine erweiterte Meldeauskunft notwendig. Hierfür muss ein berechtigtes Interesse nachgewiesen werden, z. B. durch einen Ausdruck der Bestellung des Kunden und eine Kopie der Rechnung. Dies gilt auch bei Vorliegen einer amtlichen Auskunftssperre.
Lohnt sich der hohe Aufwand für eine Einwohnermeldeamtsanfrage überhaupt?
Nach unseren Erfahrungen führen 20 bis 50 % der Anfragen nicht zum gewünschten Ergebnis. Ein Grund hierfür kann sein, dass die gesuchte Person ihrer gesetzlichen Meldepflicht nicht nachgekommen ist. Schätzungen zufolge sind zwischen 5 % und 8 % aller Deutschen derzeit überhaupt nicht gemeldet. In besonderen Fällen wird der gesuchten Person auch eine Auskunftssperre vom Meldeamt gewährt, z. B. wenn Gefahr für Leib und Leben dieser Person besteht. Vor Durchführung einer Einwohnermeldeamtsanfrage empfiehlt es sich daher, die Umzugsbestände bei einer zugelassenen Wirtschaftsauskunftei abzufragen.
Sofern der erfolgsorientierte Abgleich über Umzugsbestände und / oder eine Einwohnermeldeamtsanfrage nicht zum Erfolg führen, kann sich in diesen Fällen eine erfolgsorientierte Langzeitüberwachung lohnen. Wir fragen dafür wöchentlich bei verschiedenen Auskunfteien an, ob sich schon neue Informationen über die aktuelle Anschrift der gesuchten Person ergeben haben.
Bei elektronischen Einwohnermeldeamtsanfragen machen viele Händler auch den Fehler, nur eine mögliche Schreibweise des Namens anzufragen. Wenn aber ein „Hans-Juergen“ angefragt wird, obwohl ein „Hans Jürgen“ gemeldet ist, führt die Anfrage unter Umständen zu keinem Treffer. Wir bereiten den Datensatz für die Anfrage daher spezifisch nach den Normierungs- und Abgleichmethoden der jeweiligen kommunalen Rechenzentren auf, damit maximale Trefferquoten (neue Anschriften) erreicht werden können.
Bis zu 15 % der mitgeteilten Anschriften von Einwohnermeldeämtern sind zudem bereits zum Zeitpunkt der Auftragserteilung nicht mehr aktuell. Wir prüfen daher immer zunächst selbst die Zustellbarkeit der ermittelten Anschriften, bevor wir sie an unsere Kunden weitergeben.
Die Meldeämter selbst übernehmen keine Gewähr für ihre Auskünfte. Im Klartext: Auch wenn die gesuchte Person beim angefragten Meldeamt nicht gemeldet ist, wenn keine Informationen über die neue Anschrift vorliegen oder wenn die neue Anschrift nicht mehr aktuell ist, werden die Kosten für die Anfrage erhoben.
Welche weiteren Möglichkeiten zur Adressrecherche gibt es?
Vor einer Meldeamtsanfrage empfiehlt es sich in jedem Fall, zunächst bei einer Auskunftei anzufragen, ob der neue Wohnort des Kunden dort bekannt ist. Aber auch einfache Recherchen im Internet oder in Telefonverzeichnissen bringen die neue Anschrift teilweise ans Licht.
In diesem Zusammenhang möchte ich aber vor den diversen Adress-CD-ROMs warnen, die von den unterschiedlichsten Seiten angeboten werden. Woher diese Daten stammen, ist häufig nicht nachvollziehbar. Hat der Anbieter der Daten gegen geltendes Datenschutzrecht verstoßen, so macht sich auch der Händler als Erwerber dieser Daten strafbar.
Führen weder diese Möglichkeiten noch die Meldeamtsanfrage zum Erfolg, hilft bei höheren Forderungsbeträgen nur die Ermittlung vor Ort. Bei kleineren Forderungsbeträgen bleibt dagegen häufig nur, die Forderung abzuschreiben.
Gibt es auch für die Anschriftenermittlungen im europäischen Ausland staatliche Stellen, an die man sich wenden kann?
In Österreich, Schweden, Irland, Estland, Litauen, der Schweiz oder Ungarn ist die Anschriftenermittlung sogar einfacher als in Deutschland. Dort existieren bereits zentrale Register, in denen die Einwohnermeldedaten verwaltet werden, so dass nicht jedes regionale Einwohnermeldeamt einzeln angefragt werden muss. Wir haben diese Register über Schnittstellen angebunden und können somit jederzeit auf die aktuelle Anschrift unbekannt verzogener Kunden und Schuldner zugreifen. In weiteren europäischen Ländern ist der Aufbau zentraler Melderegister in Vorbereitung. Auch wenn keine elektronische Anfrage möglich ist, können wir Schuldner im europäischen Ausland ermitteln. Es dauert dann allerdings länger, bis eine Antwort eintrifft.
Internet: www.europro.de